Die Kalkulation
Die Kalkulation der Pflegesätze ist in jedem Bundesland und sogar teilweise regional unterschiedlich. Zudem gibt es gravierende Unterschiede in der Kalkulation und den Verhandlungen zwischen der
- ambulanten Pflege
- häuslichen Intensivpflege
- teilstationären Pflege
- stationären (Langzeit-)pflege.
Die Kostenträger bemühen sich innerhalb des jeweiligen Bundeslandes und der vorgenannten Sektoren einheitliche Grundsätze zu befolgen, jedoch werden immer wieder von den einzelnen Verhandlern und innerhalb von Regionen eines Bundeslandes unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt.
Im Wesentlichen wird zwischen den Sachkosten bzw. Betriebsaufwand, wozu z.B. medizinischer Sachbedarf, Steuern, Abgaben, Versicherung, Energie, Wasser, Verwaltungsbedarf, Lebensmittelaufwand usw. gehören und den Personalkosten unterschieden.
Während bei den Sachkosten in aller Regel nur moderate Steigerungen erwartet werden können, bestand seit wenigen Jahren die Möglichkeit, auch Gehälter bis zur Höhe von Tarifgehältern pflegesatzwirksam zu verhandeln. Die Pflegekassen haben in aller Regel die Notwendigkeit erkannt, dass das Personal angemessen zu vergüten ist.
Nach dem Scheitern eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrages in der Pflege, hat der Gesetzgeber mit der Pflegereform 2021 die Weichen neu gestellt. Nunmehr bleibt es nicht mehr dem Träger überlassen, ob er tarifliche bzw. tarifähnliche Vergütung an sein Pflege- und Betreuungspersonal zahlt. Vielmehr sind jetzt alle Pflegeeinrichtungen, also ambulante, teil- und stationäre Pflegedienste und -heime, verpflichtet, spätestens ab dem 01.09.2022 Gehälter auf Tarifniveau zu zahlen. Allerdings besteht die Möglichkeit, schon vor dem 01.09.2022 diese höheren Gehälter in den Pflegesatzverhandlungen geltend zu machen und umzusetzen.
Wichtig bei laufenden Kalkulationen und Pflegesatzverhandlungen ist es jedenfalls, bereits jetzt die spätestens ab dem 01.09.2022 erhöhten Gehälter zu berücksichtigen. Eine Nachverhandlung wird grds. nicht möglich sein, weil bereits jetzt alle Rechtsgrundlagen bekannt sind.
Es bleibt dabei, dass die Einrichtung weder in einen Arbeitgeberverband eintreten noch sich einem Tarifvertrag bindend anschließen muss. Es ist ausreichend, Tarifgehälter konkret anhand der Personalstrukturen darzulegen und dann dieses Personalbudget zu verhandeln. Grundsätzlich sollten die Kostenträger Tarifübersichten veröffentlichen, woraus sich die jeweils anwendbaren Tarifverträge und die damit verbundenen Gehälter ergeben. Zwar lagen diese Übersichten, Stand 22.01.2022, noch nicht vor, jedoch lassen die Datenerhebungen der Kostenträger den Verdacht entstehen, dass die ermittelten Tarifgehälter nicht die tatsächlichen Tarife widerspiegeln. Hier besteht noch Konfliktpotential.
Von Bedeutung bleibt allerdings, dass die verhandelten Personalkosten entsprechend an die Arbeitnehmer weitergeleitet werden müssen und dies auf Verlangen der Kostenträger nachzuweisen ist. Unklar ist bisher, ob die verhandelten Kosten pro Stelle auch 1:1 an die jeweiligen Arbeitnehmer weitergereicht oder eine Durchschnitt möglich bleibt. Würden die Kostenträger darauf bestehen, dass alle Arbeitnehmer einer Entgeltgruppe das Gleiche verdienen müssen, wäre dies ein erheblicher Eingriff in die unternehmerische Freiheit, da der Arbeitgeber kaum noch besondere Leistungen, Motivation und Engagement durch Zulagen o.ä. belohnen könnte. Es gäbe kaum noch einen Anreiz, eine gute Leistung zu zeigen, weil man ohnehin dass Gleiche wie der „faule“ Kollege verdienen würde. Je nach in Betracht gezogenen Tarifvertrag, können jedoch bereits bei den Eingruppierungen Unterschiede kalkuliert werden. Dabei sollten die Kenntnisse eines versierten Arbeits- und Sozialrechtlers genutzt werden. Insoweit sollte der Arbeitgeber ein entsprechendes internes Vergütungssystem neu durchdenken und aufbauen.
Für die Kalkulation ist auch der in den Bundesländern jeweils gültige Rahmenvertrag zu beachten.
Wichtig ist ebenfalls, dass die kalkulierten Pflegesätze mindestens den in der Vergangenheit vorhandenen Aufwand, möglichst noch mit Steigerungen, berücksichtigen. Es sollten deshalb möglichst alle Ausgaben und Risiken, die in der Vergangenheit angefallen sind und auch in der Zukunft anfallen könnten, mitberücksichtigt werden.
Zwischenzeitlich war auch die Einsicht gereift, einen gewissen Wagniszuschlag, Risikozuschlag bzw. Unternehmergewinn mit zu verhandeln. Zwar waren einige Kostenträger bereit, diesen pauschal mit ca. 4% anzusetzen, jedoch hat das Bundessozialgericht dieser Praxis mit einem Urteil aus September 2019 bereits wieder eine Absage erteilt. Wie genau nun der Unternehmergewinn zu kalkulieren sein wird, bleibt ein Geheimnis, welches sicherlich erst in den nächsten Jahren konkret gelüftet werden wird. Nichtsdestotrotz sollten Pflegeeinrichtungen bereits jetzt auf ihr gesetzliches Recht auf einen solchen Unternehmergewinn bestehen. Gerade aufgrund der Tatsache, dass bei den Personalkosten nur Risiken bestehen, jedoch keine Gewinne erzielt werden können, ist ein kalkulierter Unternehmergewinn auf die Personalkosten unumgänglich.
Sicherlich wird es 2022 zu erheblichen Steigerungen des Eigenanteils bei dem Heimentgelten kommen. Dies ist jedoch Folge des gesetzgeberischen Willens. Die Einrichtungsträger profitieren finanziell von diesen Erhöhungen nicht, sind aber gezwungen, diese umzusetzen, wenn sie nicht die Kündigung des Versorgungsvertrages riskieren wollen. Die Heimbewohner werden je nach Dauer des Bezugs von stationären Pflegeleistungen durch einen Leistungszuschlag, der seit Januar 2022 gewährt wird, mehr oder weniger stark entlastet.
Weiter zu den Personalkosten.