Risiken

Wird eine Scheinselbständigkeit festgestellt, drohen dem Unternehmen und seinen Geschäftsführern existenzielle Risiken.

Einen Teil der Risiken stellen wir nachfolgend dar:

In § 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz – SchwarzArbG heißt es:

Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbstständiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt.

Wird eine Scheinselbständigkeit festgestellt, geht das Gesetz automatisch von einer illegalen Beschäftigung, also Schwarzarbeit, aus.

Mit anwaltlicher Unterstützung und Kenntnis der richtigen Rechtsprechung muss versucht werden, einen solchen Vorwurf zu beseitigen.

Bei einer illegalen Beschäftigung können sich die Beitragslasten verfünffachen. Dabei werden im sog. Abtastverfahren die Sozialversicherungsbeiträge ermittelt. Ausgangspunkt ist

§ 14 SGB IV – Nettolohnvereinbarung

Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

Aus dem so gezahlten Nettoentgelt werden das Bruttoentgelt, meist nach Steuerklasse 6, und daraus die Sozialversicherungsbeiträge ermittelt. Diese und die Säumniszuschläge können eine Verfünffachung der eigentlichen Beitragslast bedeuten.

Durch anwaltliche Unterstützung kann eine Reduzierung der Beitragslast erreicht werden, wenn z.B. die DRV die unrichtige Steuerklasse oder ein fehlerhaftes Nettoentgelt ansetzt.

Beispiel:

Der Scheinselbständige stellt eine Rechnung über 2.500,- € netto zzgl. USt., mithin über 2.975,- € brutto. Hätte der AG den Scheinselbständigen als Arbeitnehmer angemeldet, hätte er 498,38 € (Stand 2019) Sozialversicherungsbeiträge abführen müssen.

Wird nun eine illegale Beschäftigung unterstellt, würde im Abtastverfahren eine Bruttovergütung von 5.136,57 € und darauf eine Beitragslast von 2.019,17 € ermittelt werden.

Zur Verfünffachung der Beitragslast kommt es nun wie folgt:

  1. Schritt – AG-Anteil: 498,38 €
  2. Schritt – neue Beitragslast: 2.019,1 7 €
  3. Schritt – Säumniszuschläge: 23.500 € / 48 Monate = 489,58 €
  4. Schritt – Addition 2.+3.: 2.019,17 € + 489,58 € = 2.508,75 €
  5. Schritt – Verhältnis 1. zu 4.: 489,58 € zu 2.508,75 € = ca. 1 zu 5 (20%)

Nachforderung DRV:

2.019,17 € * 48 Monate + 23.500 € = 120.420,16 €

Mal z.B. 10 AN = 1.204.201,60 €

Für jeden Monat, den der Unternehmer die Beiträge nicht gezahlt hat, sind 1% Säumniszuschläge zu zahlen. Dies sind 12% im Jahr.

Hier gilt es, die aktuelle Rechtsprechung des BSG zu berücksichtigen.

Beispiel für die Ermittlung der Säumniszuschläge:

mtl. Beitrag Gesamtbeitrag Gerundet auf 50 € 1%
Jan 13     2.019,17 €     2.019,17 € 2.000 €           20 €
Feb 13     2.019,17 €     4.038,34 € 4.000 €           40 €
Mrz 13     2.019,17 €     6.057,51 € 6.050 €           61 €
Apr 13     2.019,17 €     8.076,68 € 8.050 €           81 €
Mai 13     2.019,17 €   10.095,85 € 10.050 €        101 €
Nov 16     2.019,17 €   94.900,99 € 94.900 €        949 €
Dez 16     2.019,17 €   96.920,16 € 96.900 €        969 €
  ca. 23.500 €

In der Regel fordert die DRV Sozialversicherungsbeiträge nur für einen Zeitraum von bis zu 4 Jahre nach.

Wird jedoch eine illegale Beschäftigung nachgewiesen, können die Beiträge bis zu 30-Jahre rückwirkend nachgefordert werden.

Durch eine anwaltliche Begleitung sollte deshalb vermieden werden, der Rentenversicherung Anhaltspunkte für eine illegale Beschäftigung und einem (bedingten) Vorsatz zu geben.

Parallel zu fast jedem Verfahren wegen Scheinselbständigkeit, leitet die Rentenversicherung oder der Zoll ein Strafverfahren wegen Veruntreuung von AN-Anteilen ein.

Dem Unternehmer wird dabei unterstellt, er hätte erkennen können, dass der Mitarbeiter tatsächlich kein Selbständiger, sondern ein sozialversicherungspflichtiger AN sei.

In diesem Fall hätte der Arbeitgeber die Arbeitnehmeranteile vom Gehalt einbehalten und an die Krankenkasse als Einzugsstelle abführen müssen. Hat er dies nicht getan, macht er sich strafbar.

Die Aufgaben des Arbeitgebers sind z.B. bei einer GmbH von den Geschäftsführern zu erfüllen. Deshalb haften alle Geschäftsführer für solche Versäumnisse, selbst wenn sie nicht für den Personalbereich, sondern nur für technische Bereiche zuständig sind.

Die frühzeitige Hinzuziehung eines auch im Strafrecht tätigen Rechtsanwaltes, ist deshalb von besonderer Bedeutung. Aussagen ohne anwaltliche Begleitung ggü. der DRV oder dem Zoll, können schnell eine strafrechtliche Verurteilung mit allen Konsequenzen verursachen.

Herr Rechtsanwalt Rokahr kennt die Schnittstellen des Sozialversicherungs- und Strafrechts, weshalb er Ihnen im Ermittlungs- und Strafverfahren eine wertvolle Stütze sein kann.

Kann das Unternehmen die geforderten Sozialversicherungsbeiträge nicht bezahlen, haften grds. auch die Geschäftsführer persönlich mit ihrem Privatvermögen.

Es sollte deshalb auch im persönlichen Interesse eines jeden Geschäftsführers sein, Scheinselbständigkeit im Unternehmen zu vermeiden.

Ggf. kann eine gute D&O-Versicherung dieses  Risiko mindern.

Wenig bekannt ist das Regressrisiko durch den Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaft).

Hat das Unternehmen den Scheinselbständigen nicht zur Unfallversicherung angemeldet und geschieht ein Arbeitsunfall, zahlt zwar zunächst die Berufsgenossenschaft die Heilbehandlung, Verletztengelder, Reha, Rente usw.

Die Berufsgenossenschaft kann dann aber das Unternehmen in Regress nehmen und sich sämtliche Aufwendungen voll erstatten lassen.