Welche Strategien schützen vor den Risiken der Scheinselbständigkeit?
Seien Sie wachsam!
Sind Sie Unternehmer oder Geschäftsführer?
Dann sollten Sie immer dann, wenn Sie eine einzelne Person mit Dienst- oder Werkleistungen beauftragen, an Scheinselbständigkeit denken.
Handelt es sich um den „normalen“ Handwerker mit eigenem Ladenlokal, mehreren Angestellten und eigener Geschäftsausstattung, dann besteht wenig Gefahr.
Hat der Selbständige aber nur ein privates Arbeitszimmer, setzt er kein eigenes Kapital (vom eigenen Auto, Handy oder Laptop abgesehen) ein, ist er bei Ihnen im Betrieb tätig, ist er für Außenstehende nicht als fremder Dritter erkennbar, übt er die gleichen oder ähnliche Tätigkeiten wie Ihre anderen Angestellten aus bzw. hat er die Tätigkeiten bereits früher als Ihr Angestellter verrichtet, muss er keinen Ersatz bei Krankheit stellen oder sind Sie berechtigt, ihm Anweisungen zu erteilen, dann liegt eine Scheinselbständigkeit sehr nahe.
Beachten Sie bitte, dass es noch sehr viel mehr Kriterien gibt, anhand derer eine Scheinselbständigkeit von der DRV und den Gerichten geprüft wird!
Sie sollten deshalb immer dann, wenn Sie einen „Soloselbständigen“ einsetzen, ernsthaft eine Scheinselbständigkeit in Betracht ziehen.
Keine Selbständigkeit ohne schriftlichen Vertrag!
In vielen Fällen der Scheinselbständigkeit haben die Parteien keinen oder nur einen unzureichenden schriftlichen Vertrag geschlossen.
Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist es dringend zu empfehlen, vor der Aufnahme der Zusammenarbeit einen schriftlichen Vertrag auszuhandeln und zu unterschreiben.
Formularverträge aus dem Internet oder aus Formularbüchern sollten absolut tabu sein.
Setzen Sie sich rechtzeitig mit einem Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht in Verbindung und schildern Sie offen, vollständig und wahrheitsgemäß Ihre Absichten. Der Fachanwalt wird Ihnen dann Vorschläge für die Gestaltung der Zusammenarbeit unterbreiten und Ihnen bei den Vertragsinhalten bis hin zur Formulierung der Verträge behilflich sein.
Legt Ihnen der „Soloselbständige“ einen bereits vorgefertigten Vertrag vor, sollten Sie diesen zumindest von einem eigenen Fachanwalt prüfen lassen.
Vertrauen Sie nicht auf die Aussage: „Der Vertrag ist bereits von einem Anwalt geprüft worden“.
Ja, die Prüfung durch einen eigenen Anwalt wird Geld kosten.
Nein, das Geld sollten Sie nicht sparen.
Schauen Sie sich nochmals die Risiken an und überlegen Sie ehrlich, ob Sie bereit sind, diese Risiken einzugehen.
Rechtsform und Konzept
Soll eine Selbständigkeit begonnen oder fortgesetzt werden, sollte der Selbständige sich von Anfang an anwaltlich beraten lassen. Es sollte ein konkretes Konzept erarbeitet werden, wie der Selbständige am Markt auftreten will.
Wichtig ist bereits die Wahl der Rechtsform. Es sollte die Entscheidung getroffen werden, ob die Selbständigkeit als Einzelperson, als Kaufmann, als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), Unternehmergesellschaft (UG), GmbH oder in einer anderen Rechtsform betrieben werden soll.
Je nach Zielrichtung kann eine durchdachte Struktur das Risiko der Scheinselbständigkeit erheblich reduzieren.
Daneben sollte das Konzept auf eine „echte“ Selbständigkeit ausgerichtet sein. Eine eigene Betriebsnummer, Gewerbeanmeldung, Werbung, Homepage, Briefpapier, Vertragsunterlagen, Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), Versicherungen usw. können wichtige und entscheidende Indizien sein, um eine Scheinselbständigkeit zu vermeiden.
Statusverfahren!
Auch wenn der Gesetzgeber das Statusverfahren nicht als Zwangsprüfung ausgestaltet hat, so zeigen viele Gerichtsurteile, dass der Unternehmer zur Vermeidung der Risiken bei Scheinselbständigkeit nicht um ein solches Verfahren herumkommt.
Das Statusverfahren kann entweder bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung oder über ein Anfrageverfahren bei der Krankenkasse durchgeführt werden.
Als Grundsätze gelten:
- Leiten Sie das Statusverfahren spätestens einen Monat nach Beginn der Zusammenarbeit ein!
- Führen Sie das Statusverfahren auf keinen Fall ohne eine anwaltliche Begleitung durch! Die Fragen und die zu erwartenden Ergänzungsfragen, die Ihnen die DRV oder die Krankenkassen stellen werden, sind für einen juristischen Laien und selbst für Rechtsanwälte, die nicht mit der Materie vertraut sind, kaum sachgerecht zu beantworten. Bereits bei einer „falsch“ beantworteten Frage, kann das Verfahren zu einem für Sie negativen Ergebnis führen.
- Stimmen Sie sich mit dem „Soloselbständigen“ ab, ob Sie auch beide ein gemeinsames Ziel verfolgen (vgl. Standpunkte).
- Treffen Sie rechtzeitig die erforderlichen Vereinbarungen, um eine Beitragspflicht zumindest für die Dauer des Statusverfahrens zu vermeiden.
Im Visier der DRV!
Ist das „Kind bereits in den Brunnen gefallen“ und führt die Deutsche Rentenversicherung (DRV) bzw. der Zoll ein Betriebsprüfungsverfahren durch oder wurde bereits ein Beitragsbescheid verkündet, ist schnelles Handeln erforderlich:
- Suchen Sie sich so schnell es geht einen Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht, der sich mit Fragen der Scheinselbständigkeit auskennt.
- Versäumen Sie keine Fristen. Haben Sie bereits einen Beitragsbescheid erhalten, müssen unbedingt die Fristen für Widerspruch oder Klage eingehalten werden.
- Beantworten Sie keine Fragen der DRV oder des Zolls, ohne Rücksprache mit einem Fachanwalt.
- Lassen Sie das Verfahren nicht von einem Steuerberater, Verbandsjuristen oder Wirtschaftsprüfer führen.
Wie finde ich einen versierten Rechtsanwalt!
Wir hatten bereits darauf hingewiesen, dass eine gute anwaltliche Beratung dringend zu empfehlen ist. Wie findet man jedoch einen guten Rechtsanwalt, der mit den Problemen der Scheinselbständigkeit vertraut ist?
Ähnlich wie die Suche nach einem guten Arzt, ist auch die Suche nach einem guten Rechtsanwalt für den Bereich Scheinselbständigkeit schwierig. Es gibt allerdings ein paar Auswahlkriterien:
1. Fachanwalt
Einen Fachanwalt für Scheinselbständigkeit gibt es nicht. Das Thema Scheinselbständigkeit gehört jedoch zu den Schnittpunkten zwischen dem Arbeits- und Sozialrecht. Rechtsanwälte, die sowohl Fachanwalt für Arbeitsrecht als auch für Sozialrecht sind, haben bereits nachgewiesen, dass sie sich in beiden Themenbereichen sehr gut auskennen.
2. Erfahrung mit Scheinselbständigkeit
Ferner sollte der Fachanwalt auch praktische Erfahrung mit Verfahren der Scheinselbständigkeit haben. Gerade das komplexe Zusammenspiel zwischen Theorie und Praxis kann nicht aus Büchern gelernt werden. Der Anwalt sollte deshalb bereits eine Vielzahl von Betriebsprüfungs-, Beitrags- und Statusverfahren begleitet haben.
3. Kompetenz
Zwar weisen die Fachanwaltschaften einen Rechtsanwalt schon als Experten aus, jedoch kann es nicht schaden, wenn der Anwalt darüber hinaus besondere Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich Scheinselbständigkeit hat. Diese kann er z.B. durch anspruchsvolle Dozenten- oder Autorentätigkeit unter Beweis stellen.
4. Vertrauen
Natürlich muss auch die „Chemie“ stimmen. Ein gutes Vertrauensverhältnis wird regelmäßig durch eine seriöse und verständliche Beratung erzeugt. Zu einer guten Beratung gehören u.a. folgende Kriterien:
- Nimmt sich der Anwalt Zeit für Sie und Ihr Anliegen?
- Bespricht er mit Ihnen die Chancen und Risiken des Verfahrens?
- Erklärt Ihnen der Anwalt überzeugend den weiteren Verlauf des Verfahrens?
- Werden Ihnen Beispielsfälle aus der anwaltlichen Praxis plastisch dargelegt?
- Kann der Anwalt Ihre Fragen zufriedenstellend beantworten?
- Ist die aufgezeigte Strategie verständlich und verfolgt diese Ihre Interessen?
- Werden die Kosten des Verfahrens transparent erörtert?
5. RA Frank Kälble
Wenn Sie einen solchen Anwalt noch nicht gefunden haben, dann stehen wir Ihnen für ein Erstgespräch gerne zur Verfügung. Herr RA Frank Kälble ist seit 2000 Fachanwalt für Arbeitsrecht und seit 2009 Fachanwalt für Sozialrecht. Seine besonderen Kenntnisse stellt er u.a. als Dozent für Fachanwälte für Arbeits- und Sozialrecht unter Beweis, indem er Kollegen zum Thema Scheinselbständigkeit bei der Fachanwaltsfortbildung schult. RA Kälble vertritt bundesweit Unternehmen, Behörden und Selbständige bei Fragen der Scheinselbständigkeit und zwar sowohl bei der präventiven Vertragsgestaltung als auch in Betriebsprüfungsverfahren, Verwaltungsverfahren und in allen gerichtlichen Instanzen.
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