Unbemerkt von den üblichen Tagesmeldungen hat der Gesetzgeber mit dem Jahreswechsel eine weitere Hürde für Arbeitgeber aufgestellt. Wer bisher einen schwerbehinderten Menschen (GdB 50 und mehr) oder einen einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellten AN (GdB 30 oder 40 und Gleichstellungsbescheid) kündigen wollte, musste vor einer Kündigung eine Zustimmung des Integrationsamtes einholen und ggf. den Betriebsrat anhören.
Ab Januar 2017 muss der Arbeitgeber nun nach § 178 Abs. 2 SGB IX die Schwerbehindertenvertretung unverzüglich vor einer Entscheidung umfassend unterrichten und anhören sowie eine getroffene Entscheidung unverzüglich mitteilen. Wird die Beteiligung unterlassen, ist die Kündigung selbst bei Zustimmung des I-Amtes und ggf. des Betriebsrates unwirksam.
Der Gesetzgeber lässt jedoch wie gewohnt die Beteiligten im Unklaren, wie nun konkret eine Beteiligung auszusehen hat, insbesondere welche Fristen zu beachten sind.
Update: Mit Urteil vom 13.12.2018 hat das BAG unsere frühere Rechtsauffassung bestätigt und es für ausreichend gehalten, wenn die Schwerbehindertenvertretung genauso wie der Betriebsrat beteiligt wird.
Praxishinweis: Arbeitgeber sind deshalb gut beraten, wenn sie bereits vor der Einschaltung des I-Amtes die Schwerbehindertenvertretung über die geplante Kündigungsabsicht informieren und für die Beteiligung die Vorschriften des Betriebsratsanhörungsverfahrens analog § 102 BetrVG anwenden.
Kritik: Einmal mehr beweist der Gesetzgeber, dass das Schwerbehindertenrecht eine close-shop-Politik verfolgt. Schwerbehinderte Menschen die eine Anstellung haben, können trotz Verfehlungen aufgrund diverser formaler Fallstricke nur schwer, langwierig und kostspielig gekündigt werden. Schwerbehinderte Menschen die gerne arbeiten möchten und eine Anstellung suchen, haben dagegen immer weniger Chancen, weil sich viele Arbeitgeber den kaum beherrschbaren Formalien und arbeitsrechtlichen Risiken nicht aussetzen wollen und lieber Ausgleichsabgaben zahlen.