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Der Energierettungsschirm für Pflegeeinrichtungen ist da

… und mit ihm ein weiteres Stück Pflegebürokratie!

Nach § 154 SGB XI erhalten (teil-) stationäre Pflegeeinrichtungen aus dem „Energierettungsschirm“  für Oktober 2022 bis April 2024 die Mehrkosten für Erdgas, Fernwärme und Strom erstattet. Konkret soll die Differenz zwischen der Vorauszahlung aus März 2022 und den jeweiligen monatlichen Abschlagszahlungen ab Oktober 2022 als sog. „Ergänzungshilfe“ innerhalb von 4 Wochen nach vollständiger Antragsstellung von den Pflegekassen gezahlt werden.

Nicht umfasst sind ambulante Pflegedienste, Pflegewohngemeinschaften, Energiekosten für z.B. Öl- oder Holzpelletheizungen und die Mehrausgaben von März bis September 2022.

Mit Stand 22.02.2023 wurden die dazugehörigen „Ergänzungshilfe-Richtlinien“ beschlossen, die das nähere Verfahren regeln sollen.

Wichtig und gleichzeitig unklar ist die Frist, bis wann die Hilfen ab Oktober 2022 beantragt werden müssen. § 154 SGB XI sieht eine Frist von 15 „Tagen“ nach „Vorliegen“ der Richtlinien vor. Wann eine Richtlinie „vorliegt“ ist aber unklar. Beschlossen wurde sie am 22.02.2023, die Veröffentlichung auf der GKV-Seite ist wohl am 23.02.2023 geschehen und das „Inkrafttreten“ erfolgt erst am 01.03.2023.

Auch ist unklar, was mit „Tagen“ gemeint ist. Grundsätzlich gilt als „Tag“ der „Kalendertag“. In Ziff. 3. Abs. (13) der Richtlinie heißt es „spätestens 15 Arbeitstage (Montag bis Freitag) nach Inkrafttreten der Richtlinie“. Das der Samstag nicht als Arbeitstag gilt, scheint bei Behördenmitarbeitern zum Grundverständnis zu gehören.

Die vorstehenden Ausführungen lassen nunmehr einen Korridor für die „spätesteBeantragung vom 09.03.2023 (15 Kalendertage nach dem 22.02.2023) bis zum 22.03.2023 möglich erscheinen, wenn man die 15 Arbeitstage nach dem Inkrafttreten so versteht, dass die 15 Arbeitstage erst am Tag nach dem 01.03.2023, also am 02.03.2023, beginnen.

Der sicherste Weg wäre eine Antragstellung bis zum 09.03.2023. Geht man von einer „Selbstbindung der Verwaltung“ durch die Richtlinien aus, könnte auch noch eine Antragstellung bis zum 22.03.2023 „rechtzeitig“ sein. Die Lösung werden in einigen Jahren die Sozialgerichte veröffentlichen.

Ab Februar bzw. März 2023 sind dann alle Anträge spätestens jeweils bis zum 15. des Folgemonats bei der zuständigen Pflegekasse zu stellen.

Wichtig ist auch, dass die Antragstellungvollständig“ erfolgt, wobei diverse Zusatzinformationen, Unterlagen und Versicherungen gefordert werden, die individuell zu bearbeiten sind.

Ein Stück aus dem „Tollhaus“ der Pflegebürokratie ist dann noch die Form für die Geltendmachung. So sehen die Richtlinien in Ziff. 3 Abs. (2) Textform vor, fordern aber gleichzeitig eine „Unterschrift des Einrichtungsträgers“ wobei eine originalgetreue Nachbildung (Faksimile) ausreichend sein soll, um dann zu regeln, dass der Antrag in „elektronischer Form“ eingereicht werden soll. Jedem Juristen, der zumindest im 1. Semester aufgepasst hat, stellen sich dabei die „Nackenhaare“ auf. Jedenfalls ist unerklärlich, warum § 126 BGB (Schriftform), § 126 a BGB (Elektronische Form) und § 126 b BGB (Textform) sinnlos vermischt und in eine „GKV/BMG-Richtlinienform“ gepanscht werden.

Zu beachten ist auch, dass jede Pflegeeinrichtung nach Ziff. 6. der Richtlinie verpflichtet ist, bis zum 31.12.2023 eine Energieberatung durch einen Gebäudeenergieberater durchführen zu lassen, da ansonsten die Erstattungsbeträge für Januar bis April 2024 um jeweils 20% gekürzt werden.

Praxistipp:

Die Einführung des Energierettungsschirms ist eine gute Sache, um die wirtschaftliche Existenz von Pflegeeinrichtung zu sichern.

Aufgrund der neuen bürokratischen Hürden sollte sich jedoch jede Pflegeeinrichtung unbedingt kurzfristig mit den komplizierten Vorgaben auseinandersetzen und dringend die Fristen einhalten, um finanzielle Verluste zu vermeiden.

Dass der GKV-Spitzenverband und das BMG aus den vielen Versäumnissen der letzten 3 Jahre bei den Formulierung der Richtlinien nichts gelernt haben, bleibt bedauerlich und mindert die Hoffnung, dass die Pflegebürokratie nicht noch weiter wächst. „Bürokratieabbau“, um wieder Zeit für die wichtigen Aufgaben in der Pflege zu bekommen, bleibt eine hohle Phrase.