Änderung Mindestlohn 2020

I. Was ändert sich ab dem 01.01.2020 beim Mindestlohn?

Ab dem 01.01.2020 steigt der

  1. allgemeine Mindestlohn von

9,19 € auf 9,35 € die Stunde

2. Pflegemindestlohn in den

a) westlichen Bundesländern von 11,05 € auf 11,35 

b) östlichen Bundesländern von 10,55 € auf 10,85 .

Die Beträge sind Bruttobeträge und geben das sog. Arbeitnehmerbrutto wieder.

Der Pflegemindestlohn gilt für alle Mitarbeiter, die in der Pflege tätig sind und den Betreuungskräften nach § 43b SGB XI.

Der allgemeine Mindestlohn gilt für Mitarbeiter, die nicht in der Pflege tätig sind. Hierzu gehören z.B. Mitarbeiter in der Verwaltung, Haustechnik, Küche, hauswirtschaftlichen Versorgung, Gebäudereinigung, im Bereich des Empfangs- und des Sicherheitsdienstes, in der Garten- und Geländepflege, Wäscherei sowie Logistik.

II. Welche Maßnahmen sind zu ergreifen?

1. Gehaltsabrechnungen

Die Änderung der Gehaltsabrechnungen sollte durch die Buchhaltung bzw. die Steuerberatung vorgenommen werden. Die Vergütungserhöhung wirkt sich erstmals mit der Januarabrechnung 2020 aus.

Für Mitarbeiter, die bisher schon mindestens den neuen Mindestlohn verdient haben, ändert sich bei der Vergütung nichts.

Für Mitarbeiter, die den bisherigen Mindestlohn oder eine Vergütung unterhalb des neuen Mindestlohnes verdient haben, erhöht sich der Lohn auf die neuen Werte.

Beispiel:

 Im Arbeitsvertrag sind 40 Std. die Woche vereinbart. Dies entspricht einer monatlichen Stundenzahl von 173,33 Stunden (40 Std. * 13 Wo / 3 Monate).

 Die Pflegehilfskraft im Osten verdiente bisher 10,55 € * 173,33 = 1.828,63 € brutto. Ab 2020 wird sie nun 10,85 € * 173,33 = 1.880,63 €, also 52,00 € brutto mehr verdienen, was einer Gehaltssteigerung von ca. 2,8 % entspricht.

  1. Im Westen erhöht sich das Gehalt von 11,05 € * 173,33 € = 1.915,30 € auf 11,35 € * 173,33 € = 1.967,30 €, also um 52,00 € brutto, was einer Gehaltssteigerung von ca. 2,8 % entspricht.
  2. Hat der Mitarbeiter außerhalb der Pflege bei 40 Std. die Woche bisher 9,19 € brutto die Stunde erhalten und damit monatlich 1.592,90 € verdient, steht ihm nun eine Mindestvergütung von 1.620,64 € und damit eine Gehaltserhöhung von 27,74 € zu, was einer Steigerung von ca. 2 % entspricht.
2. Schriftliche Arbeitszeitkonten

Da grundsätzlich jede im Monat gearbeitete Stunde mit dem Mindestlohn zu vergüten ist, muss darauf geachtet werden, dass mit den Mitarbeitern das Führen eines Arbeitszeitkontos schriftlich vereinbart wird. Andernfalls müssen auch sämtliche Über- bzw. Plusstunden jeden Monat ausgezahlt werden. Eine Verrechnung von Plus- und Minusstunden wäre nicht zulässig, wenn der Mindestlohn nicht eingehalten wird.

Ist das Führen von Arbeitszeitkonten nicht bereits mit dem Arbeitsvertrag geschehen, ist unbedingt eine zusätzliche Vereinbarung herbeizuführen. Wichtig ist die Schriftform. Es muss also eine Vereinbarung auf Papier geben.

3. Plusstunden umrechnen

Überstunden bzw. Plusstunden auf einem Arbeitszeitkonto sind grundsätzlich entweder auszuzahlen und/oder in bezahlter Freizeit zu gewähren. Eine Kombination ist möglich. Durch die Anhebung des Mindestlohnes kann überlegt werden, das Stundenguthaben auf dem Arbeitszeitkonto anzupassen.

Beispiel:

Hätte die Pflegehilfskraft Ende 2020 100 Überstunden, wären diese im Westen bis zum 31.12.2019 1.105,00 € (100 Std. * 11,05 €) wert.

 Würden der Pflegehilfskraft nun die 100 Stunden als Freizeit in 2020 gewährt oder ausgezahlt werden, wären die 100 Std. nun 1.155,00 €, also 50,00€, mehr wert.

 Hierauf hat der AN eigentlich keinen Anspruch, weil die bereits erbrachten Überstunden nicht der Mindestlohnerhöhung unterfallen. Der Arbeitgeber wäre grundsätzlich berechtigt, das Arbeitszeitguthaben auf den bisherigen Gegenwert, also auf 97,35 Stunden (1.105,00 € / 11,35 €), umzurechnen. Der Arbeitnehmer behält seinen erwirtschafteten Gegenwert, also 97,5 Stunden * 11,35 € = 1.105,00 €.

4. Aushilfen

Besondere Probleme kann die Mindestlohnerhöhung bei Aushilfen auslösen. Werden diese im Bereich der 450 €-Grenze beschäftigt, kann durch die Mindestlohnerhöhung eine Überschreitung der 450 €-Grenze erfolgen. Die Folge wäre, dass das Arbeitsverhältnis nun steuer- und sozialversicherungspflichtig werden würde.

Beispiel:

Die Pflegehelferin im Westen verdient 11,05 € die Stunde.

Sie arbeitet 40,5 Stunden im Monat (11,05 € * 40,5 Std. = 447,53 €).

Durch die Mindestlohnerhöhung auf 11,35 € würde sie jetzt 11,35 € * 40,5 Std. = 459,68 € verdienen, wodurch das Arbeitsverhältnis steuer- und sozialversicherungspflichtig werden würde.

Als Grenze der monatlichen zulässigen Stunden gilt mithin im

  1. Westen: 450 € / 11,35 € = 39,6 Std. (Besser: max. 39 Std.)
  2. Osten: 450 € / 10,85 € = 41,45 Std. (Besser: max. 41 Std.)

Es ist deshalb darauf zu achten, dass die Monatsgrenze nicht überschritten wird. Ist eine feste Stundenzahl vereinbart, sollte diese durch eine schriftliche Vereinbarung mit dem Mitarbeiter auf die zulässige Stundenzahl reduziert werden. Ist der Mitarbeiter dazu nicht bereit, wird das Arbeitsverhältnis steuer- und sozialversicherungspflichtig, was ggf. für den Arbeitgeber billiger werden könnte. Allerdings bestehen mit der Überschreitung der 450,00 €-Grenze für den Arbeitgeber abweichende Melde- und Beitragspflichten.

5. Hohes Risikopotential

Fehler bei der Mindestlohnberechnung können zu erheblichen Rechtsfolgen, wie z.B. Bußgeld- und Strafverfahren sowie Beitrags- und Steuernachzahlungen führen.

Im Zweifel sollten Sie dringend Rechtsrat einholen.